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„Das ist die Zukunft. Da möchte ich dabei sein.“

 

Rudi Weihermüller ist im Ruhestand und möchte endlich lernen, was er außer Buchhaltung noch mit dem Computer machen kann - zum Beispiel dreidimensional konstruieren und drucken. Deshalb ist er Mitglied im Förderverein des Forschungs- und Anwendungszentrums für digitale Zukunftstechnologien (FADZ), das in Lichtenfels entstehen soll.

 

„Der Griff einer alten Kommode gefällt mir. Davon brauche ich fünf. Also gehe ich mit einem Bild ins FADZ und kann sie mir drucken. - So stelle ich mir das vor.“ Rudi Weihermüller ist Rentner. Und er ist Tüftler. Das hat er von seinem Vater geerbt und mit seinem Hobby als Segelflieger gepflegt. Es gibt immer irgendein Problem zu lösen. Am besten geht das mit einer klaren Vorstellung, mit etwas zum Anfassen und mit Begriffen, die jeder versteht. „Makerspace“ versteht er nicht. „Werkstatt“ klingt verständlicher. Die darf es aber ruhig in sich haben. Möglichst morgen und nicht erst übermorgen möchte Rudi Weihermüller lernen, wie er selbst in der Werkstatt des FADZ in 3-D scannen und seine Ideen ausdrucken kann.


Als Holztechniker war Weihermüller selbstständig, hat vom Innenausbau gelebt – und seinen Vater jeden Tag in seiner Werkstatt gehabt, als dieser in den Ruhestand wechselte. „Er war mit 84 Jahren noch neugierig, hat sich Bücher gekauft, wollte alles können, was man mit Holz machen kann.“ Er baute dann Gitarren in Weihermüllers Werkstatt und auch eine Drehorgel mit mehrfach gekröpften Holzpfeifen aus Ahorn oder Birke.


Die Neugier seines Vaters trägt auch Rudi Weihermüller in sich. „Ich bin technisch interessiert“, sagt er. Mit dem Computer machte er die Buchhaltung oder schrieb Texte, jetzt möchte er in die dritte Dimension. Die Ideen sprudeln nur so aus ihm heraus: Eine Tasse mit einem speziellen Griff, damit Menschen mit einer Behinderung eben nicht mehr behindert werden, sondern jeder die Tasse bekommt, die er auch greifen kann. Oder er sucht einen speziellen Knopf, mit dem die Haube seines Segelfliegers besser hält. Oder er hat ein altes Schloss, das er nachbauen möchte. „Holz kann man relativ einfach reparieren, bei Metall ist das etwas anderes. Da verspreche ich mir vom 3-D Druck große Fortschritte“, sagt der Tüftler.


Das FADZ stellt er sich als einen Partner vor, der ihm hilft, sich selbst zu helfen. Und es soll ein Treffpunkt sein für Tüftler. „Komm´ mit, wir gehen mit Deiner Frage ins FADZ, irgendeiner findet eine Lösung“, möchte er zu seinen Freunden sagen, die mit ihren Problemen zu ihm kommen. Je mehr Menschen nachdenken und tüfteln, desto besser. Und je besser die Werkstatt ausgestattet ist, desto mehr Möglichkeiten gibt es. Wer an Oldtimern bastelt oder Landmaschinen repariert, wer Antiquitäten oder Maschinen wieder in Schuss bringt, der kann so eine Werkstatt und solche Menschen um sich herum gut brauchen, findet Weihermüller. „Da gibt es 1000 Möglichkeiten. Und ich zahle auch gerne dafür, wenn ich genau die acht Schlüssel nachgedruckt bekomme, die ich für meinen Wandschrank brauche.“ Rudi Weihermüller hat ein Arbeitsleben hinter sich und weiß: „Das wird Zeit brauchen. Wir wissen nicht, wo wir in zehn Jahren stehen – vielleicht erlebe ich das gar nicht mehr. Aber ich will heute dabei sein, diese Entwicklung hautnah miterleben und mitgestalten, das beitragen, was ich beitragen kann.“


Wenn jemand gebraucht wird, der morgens um 8 Uhr die Werkstatt des FADZ aufsperrt, Rudi Weihermüller wäre bereit dazu. Wenn jemand einen Tipp von ihm braucht, gibt er ihn gerne, wenn jemand einen Tipp für ihn hat, nimmt er ihn gerne. „Was mich fasziniert, ist ein Problem zu haben – und es selbst zu lösen.“ Das geht ihm momentan verloren. Wer etwas braucht, schaut ins Internet, bestellt es und am nächsten Tag ist es da. „Da wird selbst nicht nachgedacht, da wird viel unnötig weggeworfen“, sagt Weihermüller. Nachhaltig geht anders. Wird ein Werkstück aus Metallspänen Punkt für Punkt aufgebaut, gibt es keinen Abfall. „Das ist die Zukunft. Da möchte ich dabei sein.“